Ötzi erzählt

This content has been archived. It may no longer be relevant

(Bild: Ötzi auf dem Weg ins Ungewisse) —

Was hätte Ötzi seinen Leuten erzählt, falls er überlebt hätte? Hier könnt ihr eine spannende Geschichte aus harten Zeiten lesen! Die meisten Fakten beziehen sich übrigens auf die Ergebnisse der Erforschung des berühmten Eismannes.

„Ihr wisst doch noch, als ich euch verlassen habe, um das Duell zu schlagen. Wann war das noch gleich?“ Ich war gerade von einem Duell zurückgekommen und erzählte meinen Leuten davon. „Vor zehn Tagen“, krächzte Durmak, der Dorfälteste. „Ach ja genau“, griff ich den Faden wieder auf, „ damals habt ihr mich weggeschickt, weil ich als Clanoberhaupt des Wolfclans ein Duell gegen den Anführer des verfeindeten Urukclans austragen sollte. Ihr habt gesagt, ich solle erst wieder zurückkommen, wenn ich den anderen Clanführer getötet habe. Gut, ich war mit meinem Bogen, meinem Kurzbeil und meiner Feuersteinklinge los in die Berge gezogen, um das Duell auf dem Götterberg auszutragen.

Der Götterberg markiert nämlich die Grenze unseres Landes. Auf der anderen Seite hauste der grausame Urukclan.“ „Das wissen wir doch alles!“, unterbrach mich Kaanuk, einer der besten Jäger im Dorf. „Schon gut, schon gut“, beschwichtigte ich ihn, „Ich war gerade an der Baumgrenze vorbei, da raschelte plötzlich etwas im Gebüsch. Auf einmal sprang ein riesiger Keiler auf mich zu! Ich wollte wegrennen, aber stattdessen stand ich nur wie angewurzelt, mit gezückter Feuersteinklinge da. Ich riss die Klinge hoch und fetzte dem riesigen Koloss den rechten Vorderläufer auf.

Dieser aber war ein paar Meter entfernt gelandet, kehrte auf dem Absatz um und raste auf mich zu. Ich versuchte auszuweichen. Aber der Stoßzahn des Tieres riss eine tiefe Wunde in meine linke Handfläche. Blut quoll daraus. „Mist!“, dachte ich mir. Da wurde es mir zu viel. Ich packte den Bogen und spannte zwei Pfeile ein. Sie schwirrten durch die Luft und trafen den Keiler zwischen den Augen. Das Tier sackte in sich zusammen und blieb reglos liegen. Ich schnitt mir die besten Fleischstücke herunter und suchte einen Rastplatz. Den fand ich unter einer alten Tanne. Ich verzehrte das Wildschweinfleisch und schlief ein.

Am nächsten Morgen ging ich weiter. Ich wollte einen Bach überqueren, als plötzlich mein Köcher mit den Pfeilen riss. „Die Pfeile sind weg!“, dachte ich zerknirscht, „Also ist der Bogen unnötiges Gewicht.“ Ich versteckte den Bogen auf einem Baum und ging weiter.

Auf dem Gipfel angekommen stand ich dem Duellanten gegenüber: Mador, das Oberhaupt des Urukclans. „Hallo Ötzi!“, brüllte er zu mir herüber, „Bereit zu sterben?“ „Sehr witzig, Mador!“, rief ich ihm mit einem nicht überhörbaren ironischen Unterton zu. „Dann los! Lass es uns zu Ende bringen!“, schrie Mador. „Ich töte dich und bekomme dein Dorf!“ Wieder brüllte er. „Vergiss es!“, erwiderte ich, „ Davor töte ich dich und bekomme drei Truhen von deinem Bernstein!“

„AAAhh!“, schrie Mador als er, die Klinge gezückt, auf mich zustürmte. Ich sprang geschickt zur Seite, Mador ließ die Klinge fallen und rannte zu seinem Bündel. Er zog einen Bogen und einen Pfeil heraus. Er spannte. Er schoss. Zischend flog der Pfeil auf  mich zu. Ich wollte mich ducken, aber aus einem unerklärlichen Grund konnte ich nicht! Der Pfeil bohrte sich tief in meine Schulter. Ich sackte zusammen und blieb liegen. Mador lief zu mir hinüber, zog eine weitere Klinge aus dem Fellumhang und wollte mir damit die Kehle durchschneiden.

Ich sprang mit letzter Kraft auf, zog meinerseits eine Feuersteinklinge und stieß sie mit aller Kraft in Madors Handgelenk, der daraufhin seine Waffe fallen ließ. Er machte kehrt und wollte fliehen. Ich griff nach einem Stein und warf ihn nach Mador. Der Stein traf ihn am Hinterkopf. Er ging zu Boden. Mit ein paar Sätzen war ich bei ihm und sah, dass er nicht mehr atmete. Erst jetzt wurde ich mir der Schmerzen in meiner Schulter bewusst. Ich zog den Pfeil heraus, zurück blieb eine klaffende Wunde. „Ahhrg! Verdammt!“, brüllte ich. Ich riss einen Streifen aus dem Fellhemd des toten Mador und verband meine Wunde.

Als ich am nächsten Morgen auf dem Weg nach Hause einen Wald durchquerte, spürte ich, dass mich jemand verfolgt! Da! Hinter mehreren Bäumen standen Schatten! Ich lief und lief und lief, aber die Schatten folgten mir! Ich zog das Kupferbeil und griff den einen Schatten an. Ich erkannte ihn: Es war Madors Sohn, der grausamste und blutrünstigste Urukkrieger! Es war sein einziges Kind, und wollte sich an mir rächen: „Wenn er mich tötet, würde unser Dorf trotzdem verloren sein!“

Jetzt griff er mich an, aber ich holte aus und das Beil zerschmetterte seinen Brustkorb. Er war tot. Jedoch wurde ich von hinten angegangen. Ich wehrte den Schlag ab und ein weiterer Angriff von mir schickte den Angreifer ins Jenseits. Zwei weitere Krieger ließ ich ihm folgen. Dann war nur noch einer übrig. Er schlug mir mit seinem Holzknüppel das Beil aus der Hand und holte mit einer Feuersteinkling nach mir aus. Ich schloss die Augen. Ich flehte die Götter an, im Jenseits ein gutes zweites Leben haben zu dürfen. Das Adrenalin schoss durch meine Adern. Meine Hände zitterten. „Gleich würde es vorbei sein!“, dachte ich panisch.

„Uaargh!“ ein lauter Aufschrei. Ich öffnete die Augen und sah in die kalten Augen des Holzknüppelschlägers. Dieser starrte ungläubig auf die Pfeilspitze, die aus seiner Brust ragte. Er fiel zur Seite. Ich sah mich um. Zwei Männer kamen angelaufen. Männer aus meinem Dorf! Ich war gerettet! Sie sagten, sie seien auf der Jagd und hätten mich kämpfen sehen. Dann machten wir uns gemeinsam auf den Heimweg. Und jetzt bin ich hier, hab mit Euch gegessen und bin so froh, wieder bei euch zu sein.“

Autor: Sebastian, 6. Klasse

Bilder: Sebsatian, Cecilia, Nicole 6. Klasse

Ein Kommentar

Kommentare sind geschlossen.